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Bericht auf Tele 1 - Forschungsgelder für HSLU vom 24. Oktober 2023


Magazin «ensemble» - Ausgabe 1/2023

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Zock dich gesund: Wie sich Videospiele in der Medizin einsetzen lassen

Computerspiele und die virtuelle Realität eröffnen viele Möglichkeiten für die Medizin, sagen Fachleute. Bis es Spiele hierzulande auf Rezept gibt, dauert es aber noch


Florian Koch

16. Jänner 2023, 12:00


Nicole steuert ihr U-Boot über den Meeresgrund und nutzt dafür nur ihre Atmung. Ganz langsam atmet sie durch ein spezielles Atemgerät ein und aus. Nach wenigen Metern erreicht sie eine Schatztruhe am Meeresboden. Sie öffnet sich, und Münzen strömen heraus. Das Level ist geschafft. Im gleichen Moment wird Nicole von einem Hustenanfall unterbrochen, wie der Fernsehbeitrag im Schweizer Sender Tele 1 zeigt. Sie nimmt das Atemgerät aus dem Mund.


Zum Glück sitzt Nicole nicht wirklich in einem U-Boot, sondern sicher in einem Raum der Hochschule Luzern (HSLU) in der Schweiz. Sie trägt eine Virtual-Reality-Brille, mit der sie in eine Unterwasserwelt eintaucht. Das Gerät, durch das sie atmet, ist über Sensoren mit dem Computer verbunden. Mit ihren Atemzügen steuert sie so das U-Boot.

Nicole ist 13 Jahre alt und gehört zu rund 1.000 Personen in der Schweiz, die an Cystischer Fibrose leiden. In Österreich kommen pro Jahr rund 25 Kinder mit der Stoffwechselkrankheit zur Welt, schätzt die Med-Uni Wien. Zähflüssiger Schleim setzt sich dabei in der Lunge ab. Um nicht den ganzen Tag schmerzhaft zu husten oder unter Atemnot zu leiden, müssen Betroffene wie Nicole täglich Atemübungen durchführen. Sie sorgen dafür, dass das zähflüssige Lungensekret abgehustet werden kann.

Kindern und Jugendlichen fehlt für Übungen zu Hause aber oft die Motivation. Damit sie die Übungen spielerisch durchführen können, entwickelte der Schweizer Physiotherapeut Thomas Schumacher gemeinsam mit Tobias Kreienbühl vom Immersive Realities Research Lab an der Hochschule Luzern das U-Boot-Spiel für die virtuelle Realität. Es ist eines von vielen Videospielen, die derzeit für den medizinischen oder therapeutischen Einsatz entwickelt werden.


Viele Anwendungsfelder, wachsender Markt

Für Videospiele existieren in der Medizin viele Anwendungsfelder. Wissenschaftlich ist das Feld mittlerweile breit erforscht. Spiele helfen Patientinnen und Patienten, unangenehme oder schmerzhafte Behandlungen besser durchzustehen. Sie unterstützen sie dabei, besser mit mentalen Problemen oder Krebserkrankungen umzugehen. VR-Spiele können Betroffenen mit multipler Sklerose helfen, ihre Balance zu verbessern. Gleichzeitig können Spiele Wissen über Erkrankungen vermitteln und damit den Umgang erleichtern.

Je nach Prognose könnte der Markt für sogenannte Serious Games, zu denen auch medizinische Spiele gehören, bis 2027 jährlich zwischen 20 und 25 Prozent wachsen. Viele in der Spielebranche sehen Potenzial in der Sparte und wenden sich dem medizinischen Bereich zu. "Gut gemachte Spiele können einen großen Impact auf die Gesundheit von Menschen haben", sagt Alexander Pfeiffer, der das Emerging Technology Experiences Lab an der Donau-Uni Krems leitet. Er sieht einen starken Trend in Richtung VR, die es Betroffenen wie Nicole ermöglicht, noch tiefer in das Spiel einzutauchen.


Im Alltag wenig verbreitet

Noch sind die medizinischen Spiele nur in wenigen Krankenhäusern, Ordinationen und Reha-Zentren anzutreffen. Das hat verschiedene Gründe. Spiele, die eine Zulassung als Medizinprodukt erreichen wollen, müssen ausführlich getestet werden. Hersteller müssen belegen, dass das Spiel auch wirklich hilft. Bis zu einem Jahr kann das laut Pfeiffer dauern, je nach Projekt auch länger. Dann dauert es noch, bis das Spiel auf den Markt kommt und in den medizinischen Einrichtungen oder Haushalten landet.

Selbst wenn es das Spiel auf den Markt schafft: Im schlechtesten Fall wird das Gerät, für das das Spiel entwickelt wurde, nicht mehr unterstützt. Gerade für VR-Brillen wie die, die Nicole bei ihren Atemübungen trägt, gibt es häufig nach ein paar Jahren keine Updates mehr. "Wir entwickeln immer für die neueste Technologie und wollen, dass die Spiele in die Haushalte kommen", sagt Pfeiffer. "Aber die Produktlebenszyklen sind viel zu kurz. Das ist ein großes Problem."








"Spiele sind so vielfältig wie jedes andere Medium"

Fachleute wie Johanna Pirker, Spiele- und Virtual-Reality-Forscherin an der TU Graz, sehen aber auch die fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft als Hürde. Noch immer herrschen Vorurteile gegenüber Spielen, oft werden sie noch mit Sucht und Gewalt assoziiert – ein veraltetes Bild, sagt Pirker: "Das stimmt schon lange nicht mehr. Spiele sind so vielfältig wie jedes andere Medium."

Dass Ärztinnen und Psychotherapeuten durch Spiele ersetzt werden, ist jedenfalls unwahrscheinlich. In vielen Fällen braucht es eine Fachkraft, die Patientinnen und Patienten betreut und durch die Anwendung begleitet. Auch Nicole wird während der VR-Atemtherapie von einem Physiotherapeuten begleitet. Spieleentwickler weisen deshalb stets darauf hin, dass die Spiele lediglich eine wertvolle Ergänzung, nicht aber eine Alternative für konventionelle Behandlungen sind. Nicht zuletzt können Patientinnen und Patienten laut Pfeiffer stets selbst entscheiden, ob sie ein Spiel überhaupt für die Behandlung nutzen wollen oder nicht.


Zocken bald auf Rezept?

In Zukunft, so hofft die Branche, könnte es medizinische Spiele vermehrt auf Rezept geben, sagen die Expertinnen und Experten. Vorstöße in diese Richtung gibt es bereits. In England ließ der National Health Service (NHS) heuer Spiele vorläufig als Behandlungsmethode für Kinder und Jugendliche bei leichten bis mittelschweren Ängsten zu. Begleitet werden sie von ihren Eltern, die wöchentlich mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin telefonieren, um die Fortschritte zu bewerten.

In den USA etwa wurde vor zwei Jahren das Spiel EndeavorRX für medizinische Zwecke zugelassen. Es richtet sich an Kinder mit ADHS und soll Konzentration und Multitasking fördern. Sieben Jahre dauerte die Entwicklung. Fünf klinische Tests bestätigten, dass das Spiel tatsächlich die Aufmerksamkeit von Kindern verbessert.


Gesundheits-Apps in Deutschland auf Rezept möglich

In Deutschland etwa sind manche Gesundheits-Apps bereits auf Rezept erhältlich. Ärztinnen und Psychotherapeuten können sie verschreiben, die Versicherungen übernehmen die Kosten. Bisher handelt es sich dabei aber nicht um Spiele, sondern um Apps, die Betroffene von Diabetes, Depressionen oder anderen Erkrankungen im Alltag unterstützen.


In der Schweiz und in Österreich existiert eine solche Regelung noch nicht. Künftig könnten Gesundheits-Apps hierzulande über eine digitale Gesundheitsplattform gesammelt und zertifiziert werden, heißt es in der Wiener E-Health-Strategie. Auf dem Weg zum "Videospiel auf Rezept" wäre das laut Fachleuten ein wichtiger erster Schritt. Bis die medizinischen Spiele im großen Stil und nicht nur probeweise verschrieben werden können, wird es aber wohl noch dauern.


U-Boot-Spiel mit weitem Weg

Auch das U-Boot-Spiel, das Patientin Nicole bei ihren Atemübungen hilft, hat noch einen weiten Weg vor sich. Aktuell sucht das Projektteam nach Forschungsmitteln, um das Spiel weiterzuentwickeln und bestenfalls in den kommenden Jahren auf den Markt zu bringen. Bis dahin muss es aber noch ausführlich getestet werden – so wie viele andere Spiele, die medizinisch eingesetzt werden sollen.

"Inwieweit sich das Spiel positiv auf die Gesundheit von Betroffenen auswirkt, muss noch medizinisch geprüft werden", erklärt Tobias Kreienbühl, der das Spiel mitentwickelt hat. Die bisherigen Sitzungen stimmen das Team aber zuversichtlich – und auch Patientin Nicole gefällt es. "Sicher ist es gut, dass man die Übungen macht", sagt sie im TV-Beitrag. "Aber mit dem Spiel macht es mehr Spaß." (Florian Koch, 16.1.2023)


Projekt der Hochschule Luzern

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Kindern und Jugendlichen mit zystischer Fibrose fällt das Atmen schwer. Ein Videospiel soll nun bei der Therapie helfen.


Das Ziel dieses Videospiels ist etwas sonderbar: Husten. Das Spiel wurde nämlich für eine spezifische Gruppe konzipiert, Kinder und Jugendliche mit zystischer Fibrose (CF). Diese seltene Krankheit führt zu zähflüssigem Schleim in der Lunge, was auch Beschwerden im Verdauungstrakt zur Folge haben kann. In der Schweiz sind rund tausend Personen von der Krankheit betroffen. Zur Behandlung gehören tägliche Atemübungen, bei denen man das Sekret heraushustet.

 

Für Kinder sei das aber eine langweilige Angelegenheit, erzählt der Physiotherapeut und Spezialist für Kindertherapie Thomas Schumacher. Oft würden sie auf die Übungen verzichten – was negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben kann. Einer seiner Patienten, ein begeisterter Gamer, lieferte ihm aber die Idee, die Übungen in eine unterhaltsamere Form zu verpacken. Daraus entstand ein «Serious Game» – der Begriff bezeichnet analoge oder digitale Spiele, welche nicht primär zur Unterhaltung dienen, sondern zusätzlich Lern- oder Therapieeffekte erzielen sollen.

 

«Ein Actionspiel würde nicht funktionieren»

 

In Zusammenarbeit mit Tobias Kreienbühl, Informatikforscher im Immersive Realities Research Lab der Hochschule Luzern, entstand ein als Virtual-Reality-Game (VR) konzipiertes Übungsspiel. Darin taucht man in einem virtuellen Meer, indem man im richtigen Rhythmus ein- und ausatmet. Ziel eines Tauchgangs ist es, eine Schatztruhe auf dem Meeresgrund zu erreichen – und nebenbei möglichst viel Sekret abzuhusten.

Dank eines Mundstücks und eines angeschlossenen Geräts können alle relevanten Informationen gemessen werden, um die Therapie individuell anzupassen. Am Ende erhalten die Patientinnen und Patienten auch eine Rückmeldung über ihre Leistung. Und die VR-Brille sorgt dafür, dass man komplett ins Geschehen eintaucht.




von Federico Gagliano 08.11.2022



Bericht auf Tele 1 - Luzerner Game hilft kranken Kindern vom 23. Oktober 2022


Mit Ein- und Ausatmen ein U-Boot steuern bis man den Schatz gefunden hat. Das klingt sehr einfach. Schweizweit gibt es aber rund Eintausend Menschen welche unter der Stoffwechselkrankheit Cystische Fibrose leiden. Für sie bedeutet dieses atmen Arbeit, weil sie so jeweils für ihr Lunge trainieren müssen. Genau hier soll das U-Boot-Spiel jetzt helfen. Eine Idee welche das Forschungsteam der Luzerner Hochschule mitentwickelt hat.









Bericht in Pilatus Today vom 23. Oktober 2022



Atmen ist für die meisten selbstverständlich. Nicht aber für diejenigen, welche an Cystischer Fibrose leiden, wie die 13-jährige Nicole Schüpbach. Für sie sind Atemübungen von alltäglicher Notwendigkeit, damit der störende Schleim aus der Lunge herauskommen kann.

Ein Forschungsteam der HSLU hat es sich zum Ziel gesetzt, gerade diese oft mühsamen Übungen für die Jungen erträglicher zu gestalten. Das Ergebnis: Ein Virtual-Reality-Game.

Therapie in der Unterwasserwelt

Durch das Aufsetzen der VR-Brille begeben sich die Patientinnen und Patienten in ein U-Boot, von wo aus einen Tauchgang durch die Unterwasserwelt ansteht. Durch Ein- und Ausatmen wird das Fortbewegen gesteuert. So können die Kinder und Jugendlichen den Meeresgrund mit therapeutischer Wirkung abtauchen. Die Spielenden pusten dabei in das Therapiegerät, welches zur Reinigung der Atemwege verwendet wird. Wird lange genug gepustet, löst sich der Schleim in der Lunge. Ein am Gerät montierter Sensor misst die Länge des Pustens und sendet die Informationen drahtlos zum Game. Je länger das Pusten, desto grösser ist die Bewegung Unterwasser folglich. Das Game stellt sich als effektive Methode dar, um die Jungen während der Therapie motiviert zu halten.

«Mir gefällt es gut. Vor allem hat es viele Tiere, es hat Fische und Meerespflanzen. Und die Runden, die das U-Boot macht, sind nicht immer die gleichen, sondern verschieden», erzählt Nicole Schüpbach.


Was ist Cystische Fibrose?

Cystische Fibrose gehört zu den häufigsten Erbkrankheiten. Dabei handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die chronisch und fortschreitend verläuft. Bisher ist die angeborene Krankheit nicht heilbar. In der Schweiz sind etwa 1000 Personen an Mukoviszidose, wie die Krankheit auch genannt wird, erkrankt.


Die Betroffenen leider unter zähflüssigem Schleim, Sekrete und Flüssigkeiten welche sich in der Lunge absetzen. Diese führen zu Husten, Bakterienbesiedlung und Entzündungen. Dadurch nimmt die lunge fortlaufend Schaden und das Atemvolumen nimmt ab.

Auch der Verdauungstrakt ist häufig betroffen. Da der krankheitsbetroffene Körper Nährstoffe wie Fette und fettlösliche Vitamine nicht aufnehmen kann, kommt es in der Folge häufiger zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. 


Die Idee für dieses Spiel kam Thomas Schumacher gemeinsam mit einem Patienten. Der Physiotherapeut und Gründer von THESMA erklärt, wieso sie sich für eine Unterwasserwelt entschieden haben. «Wir dachten, eine VR-Brille simuliert die Taucherbrille und das PEP-Gerät simuliert den Schnorchel.» Mit einer entspannten Atmung können die Betroffenen dann durch eine Unterwasserwelt gleiten. «Das fanden wir eine ideale Umgebung.»



Auch Nicole Schüpbach ist überzeugt vom Spiel. «Es ist sicher gut, dass man so die Übungen macht. Ob Spiel oder nicht. Aber mit dem Spiel macht es mehr Spass.»

Auch für andere Krankheiten einsetzbar

Das Game hat die HSLU programmiert und ist simpel aufgebaut, auch weil es noch ein Prototyp ist. Dass in der Unterwasserwelt aber plötzlich gegen Piraten gekämpft werden soll, wie es ein Patient gewünscht hat, wird jedoch kaum umgesetzt. Denn: « Man muss immer noch darauf achten, dass die Atmung ruhig und gleichmässig passiert. Und wenn dann zu viel im Spiel passiert, kann das negativ sein», erklärt Richard Wetzel, der an der Programmierung des Spiels beteiligt ist. Wichtig sei aber auch, dafür zu sorgen, dass das Spiel spannend bleibt und die Motivation steigt, so der Informatikdozent der HSLU weiter. Eine Überlegung seien dabei verschiedene Unterwasserwelten zu kreieren, inspiriert von den realen Meeren.

Die entwickelte Software könnte auch für andere Krankheiten wie Asthma eingesetzt werden. Da das Game nicht spezifisch für CF-Erkrankte konzipiert wurde, kann es relativ unkompliziert für Asthma- oder COPD-Therapien angepasst werden. Bei Letzterem handelt es sich um die chronisch obstruktive Lungenkrankheit, welche vor allem im späteren Alter auftritt. Für solche Anwendungsbereiche müsste das Game dementsprechend angepasst werden.


Bericht auf PilatusToday





Bericht in der Surseer Woche vom 13. Oktober 2022

Das Atemgerät ist ein sogenanntes Pari-PEP-System und wird für die Übungen zur Reinigung der Atemwege verwendet. Im Spiel dient es als Controller Foto: Christof Schürpf / HSLU
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